Wahlrecht: Das illustrierte Blatt Januar 1919Wahlrecht: Das illustrierte Blatt Januar 1919
Haus der Wannseekonferenz

Verstummte Töne wieder erklingen lassen

Am 20. Januar 1942 fand in der Villa am Großen Wannsee die sogenannte Wannsee-Konferenz
statt. Auf der Besprechung mit anschließendem Frühstück diskutierten und koordinierten fünfzehn
hochrangige Vertreter der SS, der NSDAP und verschiedener Reichsministerien die Umsetzung der
Pläne für die europaweiten Deportationen und den Massenmord an Jüdinnen und Juden. Unter
den 15 Teilnehmern waren Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), und
Adolf Eichmann, Leiter des Referats IV B 4 im Reichssicherheitshauptamt. Das Konzert findet somit
an einem Ort statt, der jahrelang durch die Perspektive der Täter geprägt war.

Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 rückte die antisemitische Politik der Nationalsozialisten ins Zentrum. Die Nazis begannen damit, die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umzuwandeln. Erste offizielle Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung wurden ab dem 1. April 1933 mit dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte umgesetzt. Ihre Propaganda machte auch vor dem Kunst- und Kulturbereichen keinen Halt: Musik jüdischer Musiker*innen und Komponist*innen wurde zunächst abgelehnt, als „entartet“ diffamiert und schließlich verboten.

Innerhalb kürzester Zeit wurde die durch Verfolgung Andersdenkender, Gewalt und Terror geprägte Ideologie von Millionen Deutschen aktiv mitgetragen. Der verhältnismäßig kurze Zeitraum der nationalsozialistischen Diktatur stellt einen absoluten Bruch in der Geschichte dar. Die Zäsur, die damit einhergeht, ist tiefgreifend und geht über ein
schlichtes Verbot der Musik von Jüdinnen und Juden oder Sinti*zze und Rom*nja weit hinaus. Die unreflektierte Übernahme von Nazi-Ideologie nach der Shoah wird beispielsweise bei der Betrachtung von Nachschlagewerken deutlich, aber auch in zahlreichen Musikführern oder kleinen Handbüchern, die über Komponist*innen und ihre in den 1920er Jahren entwickelten Werke informieren. Während der NS-Zeit haben sich die Nationalsozialisten dieser Nachschlagewerke angenommen, deren Inhalte an ihre Ideologie angepasst und sämtliche Komponist*innen und Musiker*innen entfernt, die jüdischer Herkunft waren oder die sie für jüdisch gehalten haben.

Diese Lexika wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit geringfügigen Veränderungen einfach wieder neu aufgelegt. Dies wurde jahrzehntelang praktiziert, sodass unterschwellige antisemitische Haltungen immer weiter transportiert wurden. Eine vollkommene Neuauflage wurde erst nach der Wiedervereinigung ins Auge gefasst und umgesetzt.

Das Paul Ben-Haim Konzert am 6. März 2024

Paul Ben-Haim Konzert

„Lebensmelodien“ – das sind jüdische Melodien, musikalische Werke, die im Zeitraum von 1933–1945 komponiert, gesungen, gespielt oder manchmal auch aufgeschrieben wurden. Hinter den Lebensmelodien verbergen sich die Lebensgeschichten jüdischer Schicksale. Melodien, die in den Lagern geholfen haben zu überleben - oder auch von dieser Welt Abschied zu nehmen; zudem Melodien etwa aus der ehemaligen Sowjetunion oder den Städten Warschau und Florenz; Melodien, die auch an jüdischen Feiertagen gesungen wurden; und zuti efst persönliche Melodien, die in den unmenschlichsten Situationen Hoff nung und Trost gespendet haben.

Initiatoren und Kooperationen

Der Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg ist Initi ator dieser Konzertserie. „Lebensmelodien“ werden vom Beauft ragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus Dr. Felix Klein gefördert. Veranstaltet wird das Projekt „Lebensmelodien“ von der interreligiösen Kooperation „Grenzgänge“, welche 2018 von der Alhambra esellschaft , der Evangelischen Akademie zu Berlin, der Apostel-Paulus-Kirchengemeinde und dem Evangelischen Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg gegründet wurde.

Der Komponist Paul Ben-Haim

Der Komponist Paul Ben-Haim wurde am 5. Juli 1897 als Paul Frankenburger in München geboren.
1933, dem Jahr der Machtübernahme Adolf Hitlers, konnte er nach Palästina ausreisen. So gehörte er
zu den wenigen Überlebenden, die jüdische Kultur der Nachwelt überliefern konnten. Mit der Ankunft
in Palästina änderte er seinen Namen in Ben-Haim als Zeichen für sein neues Leben. Er setzte sich aktiv
mit der neuen Kultur auseinander und brachte sie in seinem Werk ein. Er starb am 14. Januar 1984 in
Tel Aviv.

Die Künstlerinnen und Künstler

Christophe Horak

Das Instrument wählten die Eltern für ihn aus und so begann Christophe Horák mit vier Jahren, Geige zu spielen. Später studierte er bei Yfrah Neaman an der Guildhall School of Music in London, wo er auch fünf Jahre lang 1. Geiger im Symphony Orchestra war. 1995 wurde er stellvertretender Konzertmeister an der Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks.
Es folgte von 2000 bis 2002 ein Stipendium an der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker, an der ihn Toru Yasunaga und Axel Gerhardt auf seine Orchestertätigkeit vorbereitet haben. Ein Jahr später nahm ihn das Orchester in die Gruppe der Zweiten Violinen auf; seit Juni 2009 ist er deren Stimmführer. Kammermusikalisch engagiert sich Christophe Horák u. a. auch in der Philharmonischen Camerata, im Quartett Le Musiche, dem Berlin Piano Quartet sowie beim Scharoun Ensemble Berlin.

Francesca Zappa

Die italienische Bratschistin Francesca Zappa verfolgt ihre Leidenschaft für Kammermusik schon seit ihrem Studium an der Universität der Künste Berlin. Dort war sie Schülerin der Berliner Philharmoniker Wilfried Strehle und Ulrich Knörzer. Sie hat an vielen internationalen Festivals teilgenommen. Darunter auf Schloss Werdenberg (Schloss Mediale), beim Zermatt Musikfestival, bei den Max Reger Tagen Weiden, bei L´Aura des Arts, bei Encuentros Musicales De Santander und sie spielte mit dem Scharoun Ensemble im Gewandhaus Leipzig. Sie hat vielfältige Erfahrungen mit Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin oder dem MDR Sinfonieorchester Leipzig.

Solène Kermarrec

Solène Kermarrec studierte ihr Instrument an drei renommierten Institutionen: am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris bei Jean-Marie Gamard, an der Franz Liszt Akademie in Budapest bei Miklos Perényi und an der Universität der Künste Berlin in der Klasse von Wolfgang Boettcher. Sie ist Preisträgerin mehrerer Wettbewerbe und als Musikerin der Cellogruppe der Berliner Philharmoniker auch Mitglied der 12 Cellisten.

Nur Ben Shalom

Der israelische Klarinettist Nur Ben Shalom tritt sowohl als Solist als auch als Kammermusiker regelmäßig in ganz Europa auf und konzertiert bei Festivals und Veranstaltern wie Konzerthaus Berlin, Berliner Philharmonie, Musikverein Wien, Lucerne Festival, Beethovenfest Bonn, Bamberger Konzertsaal, Podium Festival Esslingen, Richard-Wagner-Festspiele, Dresdner Musikfestspiele, im Deutschen Bundestag und andere.
Nur begann im Alter von 10 Jahren in Tel Aviv Klarinette zu lernen und gewann unter seinem Mentor Prof. Izhak Katap seine ersten Preise beim israelischen Konservatoriumswettbewerb. Später setzte er sein
Studium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin bei Prof. Diethelm Kühn fort. Schon in jungen Jahren trat Nur als Solist mit verschiedenen Orchestern wie dem Ra‘anana Symphony Orchestra, Ashdod Symphony Orchestra, Jewish-Arab Orchestra sowie dem Jerusalem Chamber Orchestra auf und arbeitete zusammen mit vielen Solisten und Künstlern, wie zum Beispiel – in der Vergangenheit – Ivry Gitlis , Karl Leister, Tabea Zimmermann oder Guy Braunstein. Im Jahr 2022 war Nur der erste, der einen Preis und eine besondere Auszeichnung von der David-Shallon-Stiftung durch die Entscheidung der berühmten Bratschistin Tabea Zimmermann erhielt. Gemeinsam mit Michael Raddatz und dem Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg gründete er das Projekt Lebensmelodien. Nur spielt auf Klarinetten von Schwenk und Seggelke.

Oscar Bohórquez

Oscar Bohórquez begann mit sechs Jahren, Geige zu spielen. Zu seinen Lehrern gehören Valery Gradow, Christoph Wyneken und Stephan Picard; er besuchte Meisterkurse bei Igor Ozim, Leonidas Kavakos und Mauricio Fuks. Ab 1998 absolvierte er sein Violinstudium bei Aaron Rosand am Curtis Institute of Music in Philadelphia. Von 2002 bis 2008 unternahm er Vertiefungsstudien bei Günter Pichler, dem Primarius des Alban Berg Quartetts, an der Universität für Musik Wien. Oscar Bohórquez bildet mit seinem Bruder, dem Cellisten Claudio Bohórquez, und dem Pianisten und Komponisten Gustavo Beytelmann das Patagonia Express Trio. Dieses Trio spielte eine CD mit Werken von Astor Piazzolla und Gustavo Beytelmann ein. 2019 veröffentlichte Oscar Bohórquez sein Soloalbum mit Bach‘schen Violinsonaten. Oscar Bohórquez engagiert sich für die Verbreitung von südamerikanischer Violinliteratur in Europa. So präsentierte er im Juni 2020 bei „SWR2 #zusammenspielen“, einer Aktion zugunsten freischaffender Künstler in der Corona-Krise, in Europa wenig bekannte Violinstücke des brasilianischen Violinvirtuosen und Komponisten Flausino Vale. Oscar Bohórquez musiziert auf einer Violine von Guarneri del Gesù von 1729.

Statement

Bei jeder Form von Diskriminierung, Diffamierung oder Beleidigung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion, Einkommen oder sexueller Orientierungsowie bei persönlichen Angriffen werden sofort die geeigneten rechtlichen Schritte ergriffen.

Forum Alma Rosé