„Antisemitismus ist keine Meinung.
Er ist eine Perversion.
Eine Perversion, die tötet.“
„Erstickte Töne“ wieder erklingen lassen!
Das „Forum Alma Rosé“ ist gedacht als Ort der Kontemplation und der Konfrontation mit Geschichte und Gegenwart in Bezug auf Antisemitismus und Antiziganismus in der Musik. Aber auch als Ort der Kommunikation und des Musizierens. Ein historischer Ort, der ein neues Miteinander ermöglicht. Das Forum ist den verfolgten Musiker*Innen und Komponist*Innen der NS-Zeit und ihren Nachkommen gewidmet.
Kontemplation = Die Möglichkeit der Verfolgten zu gedenken, ihnen Respekt zu erweisen.
Konfrontation = Wache Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten: An die Verfolgungen, Ausgrenzungen, an die Morde, das Unrecht, an die unglaubliche Selbstverständlichkeit, mit dem dieses "Ariertum", die „Mentalität des Herrenmenschen“ an- und eingenommen wurde. Stete Ermahnung an das, was auch heute wieder vielerorts passiert.
Kommunikation = Ein Ort des Austausches von Informationen, Erinnerungsformen verschiedener Fachrichtungen, offenstehend für Fachleute, Wissenschaftler und Interessenten, um Neues entstehen zu lassen.
Das Miteinander = ein Ort des Musizierens. Ebenso anschließender Diskussionen. Ein Archiv, um Musik zu konservieren und dadurch überliefern zu können.
Alma Rosé mit ihrem Vater.
© Wolfgang Wendel
Zitat: ... Die Konsequenz von Gedenken und Erinnern heißt für uns als Bundesjugendvertretung: aufstehen, aufschreien und Widerstand leisten gegen jeglichen Nährboden für Faschismus, Verhetzung und Ausgrenzung. Diese Haltung beschränkt sich nicht auf ein paar Tage im Jahr. Eine antifaschistische Haltung, die muss sich an jedem Tag manifestieren, im Großen, aber auch im Kleinen. ... Antifaschismus heißt aber auch, dass wir eine Vision haben für die Welt in der wir leben, eine Idee von einem besseren Leben, in dem ausgrenzende Politik auf Kosten anderer keinen Platz hat.
Alma Rosé = die Nichte von Gustav Mahler, Violin-Virtuosin und Dirigentin, geb. 1906 in Wien, umgekommen im April 1944 in Auschwitz als Leiterin des Mädchenorchesters von Auschwitz. Alma Rosé ist als Namensgeberin Patin für unser Forum. Sie ist die Nichte von Gustav Mahler, eine faszinierende Violinistin und Dirigentin, eine große Persönlichkeit, die ihr Leben für die Musik hingab. Sie handelte getragen von der Macht der Musik, die ihr die Kraft gab, sich über ihre Unterdrücker zu stellen und ihren Musikerinnen des Frauenorchesters das Überleben in der Hölle Auschwitz zu ermöglichen.
Alma mit Geige: copyright Wolfgang Wendel
Das „Forum Alma Rosé“ engagiert sich gegen Antisemitismus, Antiziganismus, gegen Rassismus und Ausgrenzung in jeglicher Form. Das „Forum Alma Rosé“ ist als Ort der Sensibilisierung gedacht gegen musikalische, sprachliche und endlich gegen jede gesellschaftliche Ausgrenzung von jüdischen Menschen, Sinti und Roma, ethnischen Minderheiten, Andersdenkenden und Andersgläubigen, dem vermeintlich „Anderen“.
Das „Forum Alma Rosé“ (www.forum-alma-rose.de) zeigt aktiv durch musikalische Projekte, Ideen und Lehrmaterialien einen Weg in ein gesellschaftliches und soziales Miteinander. Die aktive Auseinandersetzung mit Geschichte, Musik und Kultur kann hilfreich sein, um eine stillschweigende Zustimmung weiter Teile der Gesellschaft wie in der Weimarer Republik zu Ausgrenzung und Ablehnung des „Anderen“ zu verhindern. Einer unserer wesentlichen Schwerpunkte ist der Antisemitismus, wie er sich heute wieder gesellschaftspolitisch in Musik und Kultur ausdrückt und wie unsere Gesellschaft mit diesem Antisemitismus umgeht. Im Forum soll der Bezug zur Gegenwart hergestellt und deutlich darauf hingewiesen werden, wo welche Gefahren lauern. Etliche Begriffe der NS-Sprache und das braune Liedgut sind in rechten Kreisen bereits wieder präsent.
Zitat: Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluß für bearbeitet oder für beendet zu erklären.
Zum Antisemitismus bekannter Spielarten kam nach der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 der sog. Antiisraelismus hinzu, wie er sich z.B. in der BDS-Bewegung zeigt, die sich gegen das Existenzrecht des Staates Israel richtet. Entsprechend der deutschen Außenpolitik seit 1949 wies Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 in ihrer Rede vor der Knesset in Jerusalem daraufhin, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist und bleibt:
"Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar." [In: Verantwortung – Vertrauen – Solidarität. Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18.3.2008 vor der Knesset in Jerusalem, S. 15.]
Der andere Gesichtspunkt unserer Arbeit ist der historische Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts und seine Auswirkungen auf Musik und Kultur. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte die antisemitische Beeinflussung während des Nationalsozialismus selbstverständlich nach. Der aktuelle Antisemitismus in der Musik basiert dementsprechend auch auf den Ideen des Nationalsozialismus, die sich selbstverständlich vor allem gegen Juden richtet und zum Menschheitsverbrechen der Shoah geführt hat.
Zitat: Wir wissen aber auch um die erneuten Gefahren von Nationalismus, Antisemitismus, Rassenhass und Fundamentalismus bei uns in Deutschland und anderswo - Tag für Tag. Und wir wissen, wie sehr politische Wachsamkeit gefordert ist. Es ist unsere Pflicht, über den Holocaust aufzuklären, um eine Wiederholung dieser grauenhaften Geschehnisse zu verhindern. Gerade viele der jungen Generation wollen wissen, was geschehen ist. Sie wollen die Erinnerung daran wach halten. Sie möchten bewusst machen, vorbeugen und verhindern. Die Jugendlichen wollen diese Aufgaben mit Leben erfüllen, weil die Gefahren und Gefährdungen, die durch Radikalismus. Extremismus, Menschenverachtung und nationale Hybris entstehen, mit dem Ende des Nationalsozialismus nicht für immer beseitigt wurden."
Klagemauer, Jerusalem
Aufgrund der Machenschaften der Nazis sind etliche Künstler bis heute aus dem Repertoire gefallen. Im „Forum Alma Rosé“ wird die Musik und Literatur derjenigen thematisiert, die von den Nationalsozialisten verfolgt, ermordet und vernichtet wurden. Zum Teil haben die Nationalsozialisten so gründlich gewütet, dass fast nichts mehr an diese Persönlichkeiten erinnert. Denn wer kennt noch die Namen der Musikerinnen und Musiker von damals oder spielt heute noch Werke jener Komponistinnen und Komponisten, die vor 1933 fest im deutschen Musikbetrieb integriert waren und von den Nationalsozialisten „entfernt“ wurden? Fast haben die Nazis ihr Ziel erreicht und die deutsche und europäische Kultur für immer verändert, verengt, einen großen Teil ausgegrenzt und ausgemerzt. Das „Forum Alma Rosé“ soll der Ort sein, an dem das Licht der Erinnerung weiterbrennt.
Im besonderen Angedenken an das Schicksal von Alma Rosé soll das Forum an alle Verfolgten, besonders an die mehr als sechs Millionen ermordeten Menschen jüdischen Glaubens und die Sinti und Roma, erinnern. Uns geht es um Gerechtigkeit für die Opfer und Verfolgten des NS-Regimes sowie für deren Nachkommen: Das "Forum Alma Rosé" ist den verfolgten Musiker*Innen und Komponist*Innen, den Schriftsteller*Innen und Künstler*Innen der NS-Zeit und den Opfern des aktuellen Antisemitismus gewidmet. Der Antisemitismus wird auch in Deutschland wieder mörderisch und der Widerstand der Gesellschaft bleibt bedrückend schwach und mutlos. Das Forum Alma Rosé versteht sich als Ort des Widerstands gegen eine ausgrenzende Haltung, als Ort der Demokratie und der Vermittlung demokratischer und ethischer Werte an junge Menschen mittels Musik.
Zitat: Die Erinnerung an die Entrechtung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ist für uns heute lebenden Deutschen eine bleibende Aufgabe. … Zur deutschen Identität gehört heute die Erinnerung an die Shoa. Ein deutscher kann nicht Demokrat sein und gleichzeitig antisemitische Einstellungen haben. Im Gegenteil. Nimmt er sich als Demokrat ernst, muss er sich aktiv dafür einsetzen, dass unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sich in unserem und ihrem Land akzeptiert und sicher fühlen. Das ist das Mindeste als Lehre aus dem größten Verbrechen in der deutschen und Menschheitsgeschichte. … Trotz oder gerade wegen der vielen Jahrestage und Gedenkveranstaltungen und ungeachtet unserer aufrichtigen Beteuerung gegen das Vergessen müssen wir aufpassen, nicht in Ritualen zu erstarren, die kommende Generationen nicht mehr erreichen. Lebendiges Erinnern und Gedenken gelingt nicht über den Verstand allein. Wir müssen die Herzen und Seelen der jungen Menschen erreichen.“
Third Reich Nazi propaganda poster with anti-semittic, racist and anti-new music (degenerate music) illustration of black musician with top hat, tuxedo and Star of David, playing saxophone, published by Völkischer Verlag 1938: Entartete Musik Eine Abreichnung von Staatsrat Dr. H. S. Ziegler. Also clock decorated with Nazi eagle, swastika and Sieg heil, etc. Photo taken in 2015 showing items from the former International Museum of World War II in Natick, Massachusetts, a few miles west of Boston. The museum existed from 1999 to 2019 and housed a by-reservation-only exhibition of memorabilia and militaria consisting of over 7,000 artifacts, 100 uniforms, books, photos, etc.
Musik hat eine unglaubliche Kraft in sich, kann Emotionen direkt vermitteln bzw. darstellen. Diese Fähigkeit von Musik soll für eine nachhaltige kritische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit genutzt werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Wiederherstellung der Rezeptionsgeschichte der verfolgten Künstler*Innen, die durch Verfolgung und Ermordung im Dritten Reich unterbrochen wurde. Ziel ist die Vermittlung eines respektvollen Umgangs mit Künstler*Innen, die als anders dargestellt werden, deren Kultur fremd erscheint und unbekannt ist.
Im „Forum Alma Rosé“ soll erläutert werden, wie Komponisten und Musiker mit gesellschaftspolitischen Veränderungen umgehen und wie sie diese in Musik umsetzen: Musik, Politik und Gesellschaft stehen in einer Dreiecksbeziehung, deren Spannung immer wieder Veränderungen unterliegt. Musik und Literatur nehmen auf, was in einer Gesellschaft virulent ist, aber von den meisten Zeitgenossen – noch – nicht wahrgenommen wird. Anhand dieser Zeitzeichen kann die Entwicklung einer Gesellschaft durch wissenschaftliche Analyse und Interpretation von den Nachgeborenen nachvollzogen werden. Gerade die Zeitspanne von 1918 bis 1945 ist von grundlegenden gesellschaftspolitischen Spannungen geprägt.
Zitat: So seltsam es klingen mag: Auschwitz bleibt uns anvertraut. Es gehört uns, so, wie uns die übrige eigene Geschichte gehört. Mit ihr in Frieden zu leben, ist eine Illusion; denn die Herausforderungen und die Heimsuchungen nehmen kein Ende.
Schließlich haben wir es nicht mit der spirituellen Hinterlassenschaft von Hegels Weltgeist zu tun, sondern mit überlieferten unsagbaren Leiden. So ist zu fragen, ob es einen Frieden geben kann, in dem auch die Unversöhntheit einen Platz findet.
Ich glaube: ja. Der Friede, der uns entspricht, schließt Verstörungen durch das Gedächtnis nicht aus. Jedoch: Unversöhnt mit der Vergangenheit sind wir umso leidenschaftlicher für den Frieden.Unversöhnt, geben wir der Vergangenheit, was wir ihr schulden, und der Gegenwart, was sie annehmbar macht.
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